Das Phänomen Dragonball
Fragt
man einen Mittzwanziger, einen Halberwachsenen, der mit einem Bein
noch immer in den 90ern feststeckt, nach den Relikten seiner
Kindheit, so ergibt sich ein idealtypischer Antwortkatalog:
Lunchbox,
Frufo, Pikachu, Tamagotchi, der gute alte Game Boy, das SNES,
Monsterbälle ohne Stiel, Diddl, Alle male Aquamaler und neben vielen
anderen Dingen natürlich Anime-Serien auf RTLII , als da wären:
Digimon, Detective Conan, Kickers, Doremi, Shin Shan und Dragonball
Z.
All
diese Dinge haben auch mich geprägt, haben mich zu dem gemacht, was
ich heute bin. Eine besondere Rolle spielte hierbei, wie der Titel
vermuten lässt, das Dragonball-Universum, geschaffen von Akira
Toriyama, der neben Nobuo Uematsu und Hideo Kojima
eines meiner lieblings Masterminds aus dem fernen Osten ist. Die
besagte Anime-Serie wurde im August des Jahres 2001 zum ersten Mal in
Deutschland ausgestrahlt und weil sein Vorgänger, Dragonball,
bereits ein etablierter Vertreter im Nachmittagsprogramm eines jeden
Schulkindes war, erzeugte die Ankündigung einer neuen, erwachseneren
Serie im Dragonball-Universum natürlich eine immense Vorfreude.
Über
die Magie, mit der diese Serie einen jungen heranwachsenden Menschen
in ihren Bann zog, brauche ich keine großen Worte verlieren: Die
Hauptcharaktere sind stark und überaus mächtig; sie können fliegen
und gleißende Energiestrahlen abschießen; Sie bekämpfen das Böse
und suchen nebenbei nach sieben wundersamen Kugeln, die versprechen,
bei Komplettierung einen Wunsch zu erfüllen – das ist das Rezept,
welches ein Kind neben vielen anderen Dingen zum Großwerden
benötigt. Wir hatten die Kindheit eines naiven Dreikäsehochs in
Dragonball erlebt und beobachteten nun in DBZ, wie er
allen Gefahren und Problemen des Lebens strotzt und erwachsen wird
(nur eben mit außerirdischen Superkräften, Kamehameha,Teleportation
und Genkidama).
Nun
denn, seit dem Start der Serie konnte ich den Game Boy Color
drei Jahre mein Eigen nennen. Auf dem Schulhof und Nachmittags mit
Freunden, versenkte ich damals, Anfang 2000, immer noch etliche
Stunden Lebenszeit in die niemals langweiligen Pokemon-Editionen.
Der Pokemon-Anime hingegen langweilte mich. Klar, war ich auf den Zug
aufgesprungen und habe die Serie geschaut, wobei sie mich niemals in
dem Maße packen konnte, wie es Dragonball Z tat. Zu kindlich,
zu freundlich, zu repetitiv – Mein zehnjähriges Ich wollte die
Geschichte des selbst (immer noch) zehnjährigen Ash Kechtum
nicht verfolgen. Das Spiel ist toll, die Serie nicht mein Fall. Und
Dragonball? Ich fragte mich oft, warum kein Dragonball-Spiel
im Regal des hiesigen Spielzeugladens steht. Irgendwann las ich in
einer Zeitschrift (es müsste meine damalige Lieblingslektüre, die
KidsZone, gewesen sein), dass wohl bald ein Dragonball-Ableger
für den GBC erscheinen wird.
Dragonball Z: Legendäre Superkämpfer
Das
Begehren nach dem Spiel rund um Son Goku, Vegeta,
Piccolo und Co. wurde nach dem gleichen Prinzip geweckt, wie
es schon bei den Schlümpfen der Fall war: Der bekannte Schriftzug
auf der Packung? Son Goku zusammen
mit dem Sohnemann Gohan auf dem Cover? Gekauft!
Dragonball
Z: Legendäre Superkämpfer war weder Kampfspiel, noch Action-RPG
(wie ich es mir immer erhofft hatte). In diesem Spiel wird die Welt
nicht mit Haudrauf, Faust und Krawall, sondern strategisch gerettet –
mit Karten. Das wusste ich damals nicht und auch hier machte sich
schnell Enttäuschung breit. Diese hielt aber nicht lange an.
Dragonball
Z: Legendäre Superkämpfer, das lang ersehnte Spiel zur Serie,
kam letztendlich im August
2002 für den GBC heraus. Das mit 12 Jahren noch junge
Mitglied der Game Boy-Riege stammt aus der Spielschmiede des
bekannten Entwicklers Bandai (damals noch ohne Anhängsel
Namco).
Der Spieler erlebt chronologisch die Ereignisse des Anime (bzw. des
Manga) nach: So kämpft man sich mit den verschiedenen Charakteren
durch die Freezer-Saga, die Cell-Saga sowie durch die
gesamte Boo-Saga. Ein echter Fan konnte sich daran erfreuen,
dass DBZ: LS die Ereignisse der Story mehr oder weniger
komplett abdeckte und ihm so gut wie alle Story-relevanten Kämpfer
zur Verfügung stellte. Sogar Bösewichte wie Boo, Rikuum,
Nappa oder C17 konnten freigeschaltet und somit im
Kartenkampf eingesetzt werden.
zwischen den Matches konnte man sich die Beine vertreten... |
gekämpft wurde 1vs1 |
Wie lief so ein Kampf nun ab? Das Prinzip gleicht den Grundregeln eines einfachen Kartenspiels: Pro Zug erhalten sowohl Spieler, als auch CPU-Gegner eine zufällige Kampfkarte. Davon gibt es übrigens 125, die man nach und nach im Spielverlauf freischaltet. Nun gillt es, mit Angriffskarten, wie zum Beispiel der Energiewelle oder dem Kamehameha, die Energieleiste des Gegenübers auf Null zu bringen, und seine eigene mit Verteidigungskarten, wie zum Beispiel der Teleportation, oben zu halten. Mächtige Angriffe wie Genkidama ,die Höllenspirale oder gar die Verwandlung in einen Super-Saiyajin stehen dem Spieler erst später zur Verfügung. Logisch. Um überhaupt mächtigere Angriffe einsetzen zu können (die funktionieren nur bei hohem Ki-Wert), müssen gerade am Anfang des Matches sogenannte Phasen-Attacken, einfache Schlag- und Trittabfolgen, eingesetzt werden. Diese entfalten aber nur ihre volle Wirkkraft, wenn zuvor eine Combo (z.B.: B -> A) innerhalb eines knappen Zeitlimits erfolgreich in die Knöpfe gehämmert wurde. Dies funktionierte jedoch eher schlecht als recht, da ich oft das Gefühl hatte, dass das Spiel meine Eingaben oft völlig ignoriert. Man kennt den folgenden Wutanfall: ,,Aber ich habe doch B gedrückt???!!!1" Das klingt frustig und das war es auch.
Dieses Spiel war irgendwie sperrig. Es war langsam und dadurch so bockschwer, obwohl ein so simpel aufgebautes, nur auf Angriff und Verteidigung basierendes Kampfsystem das im ersten Moment nicht vermuten lässt. Nichtsdestotrotz habe ich dieses Spiel bis zum Ende durchgespielt. Ja, ich habe laut geflucht. Ja, ich habe meinen Game Boy des Öfteren vor Wut aufs Sofa geworfen – und das hat mir Spaß bereitet. Vielleicht lässt sich dies mit dem Dark-Souls-Phänomen erklären: Je härter die Herausforderung ist, desto größer die Freude bei Erfolg. Dragonball Z: Legendäre Superkämpferhatte offensichtliche Defizite, aber als Fan der Serie habe ich es geliebt. Und mit dem Wort Liebe kann ich diesen Eintrag auch getrost abschließen.
Einer meiner Lieblingstitel für den GBC. Damit habe ich so unfassbar viele Stunden verbracht und es macht auch heute noch richtig viel Spaß. Nicht zuletzt durch den hohen Schwierigkeitsgrad :)
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