Endlich geschafft!
Der Uni-Stress ist Geschichte. Mein Wissen, welches ich in vier
einsamen Keller-Tagen mühevoll aufbereitet hatte, brachte ich in
vier weiteren, nicht mehr so einsamen, aber dafür noch stressigeren
Tagen zu Papier. Nun habe ich Semesterferien und endlich Zeit für
die angenehmen Dinge des Lebens. All meine Lieblingsbeschäftigungen,
die bisweilen den Kürzeren ziehen mussten, sind nun bereit einen
dauerhaften Platz in meiner zukünftigen Tages(ver)planung zu
ergattern. Neben Sport und der Belustigung geliebter Personen fällt
natürlich auch die ein oder andere etwas längere Zock-Session.
Games, die nur darauf warten endlich über den Bildschirm flimmern zu
können, haben sich stapelweise zu einem unübersichtlichen
Riesendurcheinander zusammengetan, das bei weiterer Ignoranz mit
einer Implosion meines Gamer-Herzens droht.
32°C betrug die
Außentemperatur vor einigen Tagen in Braunschweig. Rausgehen war bei
diesen Umständen undenkbar. Ein guter Zeitpunkt also, um mein
nerdiges Ich vollständig zu Hause einzubunkern: Eine gepflegte Runde
Dark Souls auf der PS3 sollte sich am diesen Tage als weitaus
angenehmer erweisen. Nach 1 ½ Stunden in Lordran, riss mich ein
fürchterliches Geräusch aus jener Spielwelt heraus:
„BZZZZZZZZZZZZZZZZZZZZZZ“
„Woran bauen
sie denn unten diesmal ?!“. Nach einigen Sekunden bemerkte ich aber
schnell, dass das vermeidliche Bauarbeitsdröhnen aus meinem Zimmer
kam, genauer gesagt, vom Lüfter meiner Playstation verursacht wurde.
Panisch wanderte mein Zeigefinger gen Ausschalter, während meine
Gedanken rund um das böse Phänomen ,,Yellow Light of Death“
kreisten. ,,Wenn bei Hitze die Konsole streikt, spiele ich eben am PC
weiter, kein Problem“. Also schmiss ich Bastion an und legte los.
Dumm nur, dass mein Notebook, welches sowieso schon den ganzen Tag
vor sich hin schnurrte, unweigerlich damit anfing, den Raum bei der
endgültigen Umwandlung in ein schwüles Ferien-Resort tatkräftig
zu unterstützen. Also bewegte ich den Pfeil mit meinem schweißigen
Mousepad vorsichtshalber auf ,,Herunterfahren“.
„Konsole down,
Computer down – was soll ich nur tun? Etwa ein Buch lesen und das
im Sommer? Den TV anmachen? Kommt überhaupt nicht in Frage bei
diesen Vormittagssendungen. Einen Film anschauen? Geht ja nicht, da
meine PS3 auch als Blue-Ray-Player fungiert...“ In mir breitete
sich eine kleine aber feine Angst vor der gefürchteten Langeweile
aus. Ich stand wie ein Pfeiler mitten im Raum, drehte mich im Kreis,
lag auf dem Boden, stand wieder auf, schaute aus dem Fenster, schmiss
mich aufs Bett, stand wieder auf, … Ich war wie ein Radio, was
äußerlich ziemlich frisch daher kommt, aber keine Sender mehr
empfangen kann. Ich war wie ein Roboter, dem keine Befehle von seinem
Erschaffer einprogrammiert werden. Kein Input = völlig
disfunktional.
Ganz mir selbst
überlassen, öffnete mir diese kleine Katastrophe des Alltags die
Augen: Wenn das Universum streikt und technische Errungenschaften an
die Grenzen ihrer Funktionalität befördert werden scheint es dem
modernen Menschen des 21. Jahrhunderts dabei relativ ähnlich zu
ergehen. Dieser moderne Mensch braucht mediale Unterhaltung genau so
wie die Zahnbürste ihre Paste braucht. Permanente Informationszufuhr
und Unterhaltung durch Medien sind eben nicht mehr wegzudenken. Die
verbrauchte Phrase „Fluch und Segen zugleich“ passt hier wie die
Faust auf's Auge: Wenn ich morgens die Augen öffne, schaue ich nicht
etwa zuerst aus dem Fenster, sondern auf das Display meines
Smartphones; Bevor ich meine Frisur im Spiegel richte, schaue ich
lieber bei Spiegel Online vorbei; Wenn ich mich einsam fühle,
schalte ich den TV ein, damit dieser mir im Hintergrund fröhlich
Stimmen und Musik vordudelt. Was nun passiert, wenn diese
Medienbeschallung ausfällt, wenn die absolute Katastrophe der
„ersten Welt“ eintrifft, habe ich ja bereits illustriert.
Das schlimme ist: als medien-affiner Mensch kann man nichts dagegen tun. Nichts. Naja, man könnte in den Wald auswandern und sich völlig abschotten. Aber abschotten? Das will ich ja nun gerade nicht. ,,Mach doch Sport, geh schwimmen, fahre Rad, geh doch mit deinen Freunden raus in den Garten und spiele!“. Ja ja, hab' ich gestern schon gemacht. Aber mal ehrlich: Wir brauchen diese ganzen Unterhaltungs-Maschinerien. Es herrscht eine Abhängigkeit - und zwar eine wechselseitige. Rückschritte, ausgenommen derer, die letztendlich in völliger Isolation enden, sind nicht möglich. Also? Vorab eine Entschuldigungsbitte für eine letzte Floskel: Wir müssen das Beste draus machen.
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